93 Prozent der mittelständischen Betriebe in Deutschland beklagen zu viel Bürokratie
HwK-Präsident Kurt Krautscheid kommentiert Umfrage des „Deutschen Mittelstandsverbundes“
KOBLENZ/BERLIN. Das aktuelle Umfrageergebnis des „Deutschen Mittelstandsverbundes“ zur bundesweiten, konjunkturellen Lage beschreibt, dass „vor allem überbordende Bürokratie den Standort Deutschland nach Ansicht von Mittelständlern zunehmend unattraktiv macht. In der jüngsten Konjunkturumfrage des Mittelstandsverbundes landete die Forderung nach einem Abbau von Bürokratie und Berichtspflichten auf einer Prioritätenliste mit Abstand ganz oben: 92,6 Prozent der Teilnehmer aus 54 Verbundgruppen meinen, die Bundesregierung müsse vor allem dieses Thema angehen, um die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen hierzulande zu verbessern.“
Kurt Krautscheid, Präsident der Handwerkskammer Koblenz, sprach sich auch beim jüngsten Neujahrsempfang deutlich für einen raschen und effektiven Bürokratieabbau im Sinne der Wirtschaft aus. / Bildquelle: Klaus Herzmann
Das deckt sich mit den Erkenntnissen der Handwerkskammer (HwK) Koblenz. Deren Präsident Kurt Krautscheid äußert sich dazu:
„Die Eigenverantwortung von Betrieben und Menschen wird zunehmend ersetzt durch Richtlinien, Vorgaben und Gesetze. Für jeden Handgriff gibt es inzwischen eine Vorschrift und damit verbunden ist auch eine Verlagerung von Verantwortung.
Beispiel Lieferkettengesetz: In der Abwicklung von Aufträgen ist die Dokumentationspflicht für Produktinhalte und ihre Verwendung, zu Arbeitsbedingungen oder Umweltstandards bei den Handwerksbetrieben gelandet. Die hohe Kunst im Umgang mit diesem Gesetz ist es also, die Sorgfaltspflichten im Rahmen der Vertragsgestaltung auf die kleinen und mittelständischen Unternehmen abwälzen.
Beispiel Arbeitsrecht: Die EU fordert, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die gemäß der Arbeitsbedingungenrichtlinie erforderlichen Informationen schriftlich zur Verfügung stellen muss. Wie diese Verschriftlichung genau erfolgen soll, unterliegt dabei einem gewissen Spielraum. Die nationale Umsetzung hat für Deutschland den Weg der höchsten Bürokratie gewählt. Hierzulande muss alles auf Papier mit Unterschrift und in mehrfacher Ausführung erfolgen. Das hat zwar niemand von Deutschland so verlangt, doch es steht leider auch für den Umgang mit Brüsseler Vorgaben: wir erfüllen sie gerne über!
Was eindeutig zu Lasten der Wirtschaft geht, denn es gibt bereits Handwerksbetriebe, die zusätzliche Räume anmieten, um die geforderten Papierakten einzulagern. Gerade in diesem Bereich entfernen wir uns dramatisch weg vom Ziel einer Entbürokratisierung, was eindeutig zu Lasten der Wirtschaft geht. So beschreiben potentielle Betriebsgründer bürokratische Rahmenbedingungen als wichtigen Grund, sich gehen eine Selbstständigkeit zu entscheiden oder diese zurückzustellen. Ganz dringend müssen politische Entscheidungen für einen Bürokratieabbau jetzt angegangen und schnell umgesetzt werden.“