223 Auszeichnungen stehen für 12.145 Jahre Meistererfahrung
KOBLENZ/NÖRDLICHES RHEINLAND-PFALZ. Die Zahlen sind beeindruckend, die Geschichten dahinter so spannend wie individuell: 223 Auszeichnungen konnte die Handwerkskammer (HwK) Koblenz für runde Meistergeburtstage überreichen und hatte damit auch 12.145 Jahre Meister-Knowhow zur traditionellen Altmeisterfeier eingeladen. 139-fach konnte der Goldene Meisterbrief für 50 Jahre Meisterprüfung überreicht werden, außerdem wurden 58 Diamantene Meisterbriefe für ein 60-jähriges Meisterjubiläum sowie 22 Eiserne Meisterbriefe für 65 Jahre Meisterprüfung im Handwerk verliehen. Vier Auszeichnungen gingen an Altmeister, die bereits vor 70 Jahren – in einem Fall sogar 75 Jahre – ihre Meisterprüfung bestanden haben. Sie erhielten ihre „neuen“ Meisterbriefe in Platin.
HwK-Präsident Kurt Krautscheid (am Rednerpult) konnte 223 Altmeisterinnen und Altmeister zu ihrer Feier im Zentrum für Ernährung und Gesundheit begrüßen, die zusammen 12.145 Meisterjahre in 35 Handwerksberufen mitbrachten. / Foto: Michael Jordan
HwK-Präsident Kurt Krautscheid, selbst seit 40 Jahren Dachdeckermeister, konnte zur Feier im HwK-Zentrum für Ernährung und Gesundheit Handwerksmeister aus 35 unterschiedlichen Berufen begrüßen. „Sehen wir ihr Lebenswerk, ist das natürlich geprägt durch die Meisterqualifikation und das Jahr ihrer Meisterprüfung. Denn die Rahmenbedingungen waren 1949 – und damit zur Zeit des ältesten Platin-Meisters – natürlich ganz andere, als 1974 im Goldenen Meisterjahr, in dem Deutschland bereits zum zweiten Mal Fußballweltmeister oder Helmut Schmidt Bundeskanzler wurde.“ Bei der Zeitreise durch jene Jahre wurden Themen und Ereignisse aufgegriffen, die zum Nachdenken und Erinnern einluden.
Schornsteinfegermeister Manfred Zender aus Halsenbach (Rhein-Hunsrück-Kreis) kam in seiner zünftigen Berufsbekleidung zur Jubiläumsfeier und erhielt von HwK-Präsident Kurt Krautscheid (rechts) den Goldenen Meisterbrief. / Foto: Michael Jordan
Das galt auch für die Veränderungen in der Berufswelt des Handwerks, das gerade in den Jahren des Weltwirtschaftswunders eine starke Transformation erlebte. Technische Fortschritte führten zu neuen Arbeitsprofilen und manche Berufe, so der Schmied, gingen in neuen Handwerken auf. Für zwei Eiserne Meister unter den 223 Geehrten ein Teil eigener Berufs- und Lebensgeschichte. Und auch heute eher „exotische“ Gewerke waren vertreten, so Böttcher- oder Büromaschinenmechanikermeister. „Auf der anderen Seite gibt es Klassiker, die offenbar nichts verloren haben an ihrer Attraktivität, so die Tischler, Dachdecker oder eben die aktuellen Top-Berufe des Kfz-Handwerks und der Elektroinstallation. Alle genießen unsere Achtung und haben mit ihrer jahrzehntelangen Meistertätigkeit ein Stück Wirtschaftsgeschichte geschrieben“, griff Kurt Krautscheid diese Gedanken auf, die auch für die Vielseitigkeit des Handwerks stehen.
Zwei Eiserne Meister und seit Jahren befreundet: Textilreiniger Eberhard Gaebler (links) aus dem Westerwälder Daubach und Kfz-Mechaniker Franz Richard Klein aus Hilgert sind seit 65 Jahren Handwerksmeister. / Foto: Michael Jordan
In einer kurzweiligen Altmeisterfeier, die aufgrund der immer weiter steigenden Teilnehmerzahlen auf zwei Tage verteilt war, wurden drei Meister-Biografien in einem Kurzfilm vorgestellt. Einer der Portraitierten war „Färber- und Chemischreingermeister“ Eberhard Gaebler aus Montabaur. Dessen 1849 gegründetes Familienunternehmen musste nach dem Zweiten Weltkrieg im Westerwald bei Null anfangen, denn der ehemalige Standort lag im heutigen Polen. Eberhard Gaebler, inzwischen 90 Jahre alt, legte 1959 die Meisterprüfung ab und übernahm den Textilreinigungsbetrieb in dritter Generation. Er schrieb als selbstständiger Handwerksmeister mit einem seinerzeit neuentwickelten Leasingangebot für Berufsbekleidung eine Erfolgsgeschichte, die im heutigen Unternehmen Itex Gaebler mit 200 Mitarbeitern und 2.500 Kunden mündete. Wie nachhaltig der Meisterbrief in seinem Leben eine Rolle spielt, macht auch das deutlich: „Im Meisterkurs lernte ich einen Mitschüler kennen, mit dem ich noch immer befreundet bin und jeden Sonntag Punkt 9 Uhr telefoniere – mindestens eine Stunde lang!“ Man hat also einiges erlebt und zu berichten als Absolvent des Meisterjahrgangs 1959 …
Traditionell überreichte Kammerpräsident Kurt Krautscheid jeden Jubiläumsmeisterbrief persönlich am Platz der zu Ehrenden – auch eine Hommage an die Leistungen, die hinter jedem Meister-Lebenswerk stehen.
Für gute musikalische Unterhaltung sorgte die 16-jährige Leyla Karims. Die junge Musikerin ist insbesondere in den sozialen Medien mit Tausenden Aufrufen sehr erfolgreich und konnte mit ihrem Gesang auch die Gäste der Altmeisterfeier beeindrucken. Durch die Veranstaltung führte HwK-Mitarbeiterin Eva Vogt.
Fotos von der Altmeisterfeier sind ab 6. November 2024 im Internet eingestellt: www.hwk-koblenz.de/fotos
Friseurmeister Herbert Luy aus Koblenz legte 1954 die Meisterprüfung ab und war mit 96 Jahren der älteste Altmeister der Feier – im Bild bei der Übergabe seines Platin-Meisterbriefes durch HwK-Präsident Kurt Krautscheid (rechts). / Foto: Michael Jordan