Kreis Neuwied. Ärztinnen und Ärzte an der Belastungsgrenze, unbesetzte Arztsitze, Wartezeiten auf den nächsten (Fach)-arzttermin – das ist vielerorts längst Realität. Und die Lage wird sich bei unveränderten Rahmenbedingungen nicht verbessern. Im Gegenteil: Wir alle werden immer älter, brauchen mehr ärztliche/ medizinische Versorgung und gleichzeitig werden in den nächsten Jahren viele Ärztinnen und Ärzte aus dem Berufsleben ausscheiden. Doch wie gewinnt eine Region neue Ärztinnen und Ärzte? Hierzu hat der Landkreis Neuwied kürzlich das erste „Mediziner-Camp“ veranstaltet.
Teil des Programms: Ein Besuch auf der Intensivstation des Franziskus-Krankenhauses in Linz. Inklusive „Hands-on-Workshop“ mit dem Beatmungsgerät. Foto: Martin Boden (Kreisverwaltung Neuwied)
Das Konzept: Wir laden eine überschaubare Anzahl Medizinstudierender in den Landkreis Neuwied ein und bieten ihnen in Kooperation mit einer Hausarztpraxis und den Landkrankenhäusern Asbach, Dierdorf und Linz ein maßgeschneidertes Hospitationsprogramm: Intensiv, Individuell und Informativ. „Mit unserem ersten Mediziner-Camp sind wir einem Rat der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) gefolgt. Die hat uns dieses Format als eine Möglichkeit der Mediziner-Gewinnung offeriert,“ beschreibt Landrat Achim Hallerbach die intensiven Bemühungen und Vorbereitungen des Kreises und der Kooperationspartner. Die Sicherstellung der ambulanten ärztlichen Versorgung sei zwar originäre Aufgabe der KV, so der Kreischef weiter. „Aber uns allein darauf zu verlassen, reicht leider nicht. Wir müssen selbst aktiv werden“, bringt Hallerbach es auf den Punkt.
Bleckwenn: Prof. Dr. Bleckwenn gab einen Einblick in die Hausärztliche Praxis. Foto: Kerstin Schwanbeck-Stephan (Kreisverwaltung Neuwied)
Gerichtet war das Programm der „Premiere“ an Studierende ab dem 7. Semester. Los ging es mit einem Informationsbesuch in der Hausarztpraxis Drs. Reul und Prof. Bleckwenn in Linz, wo es bereits viele nützliche Tipps gab und eine wichtige Erkenntnis von Prof. Dr. Bleckwenn: „Ja, ich würde immer wieder Hausarzt werden wollen.“ Beim „Klinikprogramm“ hatten die Teilnehmenden die Wahl zwischen mehreren Angeboten an drei Krankenhausstandorten: Asbach, Dierdorf und Linz. Die Wahl der „Premierengäste“ ist dabei ausnahmslos auf das Angebot der Inneren Abteilung im Linzer Krankenhaus gefallen. Auch dort gab es neben vielen praktischen Einblicken und „Hands-on“-Aktivitäten eine wichtige Erfahrung aus dem Team rund um die Chefärztinnen Dr. Molitor und Dr. Scheef mit auf den Weg: „Man lernt nie aus und es wird nie langweilig“! Ein Fazit, das übrigens auch Dr. Christiane Dockhorn vom amtsärztlichen Dienst im Neuwieder Gesundheitsamt ziehen kann. Sie stellte die ganz unterschiedlichen Aufgaben und Themenfelder im Berufsfeld „Öffentlicher Gesundheitsdienst“ vor.
Neben dem arbeitsintensiven Tagesprogramm hatten die Teilnehmerinnen auch die Gelegenheit, den Landkreis etwas besser kennen zu lernen, etwa bei einem Besuch der Malberghütte und dem Geburtstagsfest aus Anlass „15 Jahre Westerwald-Steig“.
Foto: Martin Boden (Kreisverwaltung Neuwied)
„Für die Damen, die diesmal bei uns zu Gast waren (Studierende an der Uni Bonn), war es ein arbeitsintensiver und gleichzeitig interessanter Besuch. Wir haben also gute Kontakte geknüpft und auch selbst neue Erkenntnisse gewonnen. Gewünscht hätten wir uns eine etwas größere Resonanz, denn trotz intensiver Bewerbung des Mediziner-Camps in den Fachschaften etc. gab es diesmal nur vier Anmeldungen. Aber: Wir bleiben dran“, so der Landrat. Wichtig ist nach seiner Auffassung auch, dass die Gemeinden, Verbandsgemeinden und der Kreis noch stärker zusammenarbeiten und ihre jeweiligen Bemühungen aufeinander abstimmen. „Wir haben alle dasselbe Ziel – Medizinerinnen und Mediziner für eine Niederlassung im Kreis zu gewinnen. Je besser wir unsere Maßnahmen und Projekte aufeinander abstimmen, umso eher wird uns das gelingen…“