Professorin Katrin Schneiders von der Hochschule Koblenz sprach anlässlich der Feier zum Josefstag vor rund 140 Gästen im Heinrich-Haus Neuwied.
Foto: Nadine Zimmermann - Arbeit mit Sinn braucht Führung mit Haltung: Anlässlich der Feier zum Josefstag im Heinrich-Haus sprach Professor Katrin Schneiders, Leiterin des Masterstudiengangs Soziale Arbeit an der Hochschule Koblenz, über die Bedeutung gelebter Werte für die Mitarbeiterzufriedenheit in Sozialunternehmen. Damit gab sie knapp 140 Gästen aus verschiedenen Einrichtungen der Eingliederungshilfe, aus Politik, Wirtschaft und Institutionen spannende Einblicke in den aktuellen Forschungsstand und die Zukunft der Sozialbranche.
Den anfänglichen geistlichen Impuls von Seelsorgerin Mechtilde Neuendorff, die mit einer Parallele zu Jesus eine christliche Perspektive auf das Thema Führung aufzeigte, griff Heinrich-Haus Geschäftsführer Dirk Rein in seiner Einleitung auf: „Auch dort in der Überlieferung des Lukas Evangelium geht es bei Führung um jemanden, der Orientierung stiftet, Sicherheit gibt, der Toleranz bei Fehlern zusichert. Diese persönliche Orientierung stiftet uns unser Glauben, woraus aber auch ein gemeinsamer Rahmen erwachsen muss für ein Miteinander, das trägt und leitet“, so Rein. Im Heinrich-Haus beschäftige man sich schon länger mit der Frage nach gelingender Führung, habe Fragen zu Haltung, Zusammenarbeit und Kommunikation gemeinsam diskutiert und sei derzeit dabei, Führungsgrundsätze für das Haus auszugestalten.
Foto: Nadine Zimmermann
Wie wichtig Werte und Haltung für eine gelingende Führung in Sozialunternehmen sind und wie sich diese auf die Zufriedenheit aller Mitarbeitenden auswirken, darüber sprach Professorin Katrin Schneiders in ihrem anschließenden Vortrag mit dem Titel „Mitarbeitende in der Sozialbranche – Ein Blick auf Arbeitsorientierung sowie Arbeitszufriedenheit und die Bedeutung diesbezüglich erfolgreicher Führungsarbeit“. Fachkräfte zu gewinnen und im Unternehmen zu halten sei in Zeiten von zunehmendem Personalmangel die größte Herausforderung der Sozialbranche, weshalb sich in der Forschung viel mit deren Erwartungen, Wünschen und Werten befasst würde, kontextualisierte die Professorin für Wissenschaft der Sozialen Arbeit mit Schwerpunkt Sozialwirtschaft zunächst.
Sie erläuterte, dass Fachkräften, die ganz bewusst gesellschaftlich sinnstiftende Berufe wählten, die Wertorientierung im täglichen Handeln des Unternehmens besonders wichtig sei und sie großen Wert auf Sinnstiftung, Selbstwirksamkeit und Anerkennung im Berufsleben lägen. Hier sieht Schneiders Potenzial: „diese Werte eröffnen der sozialen Branche angesichts der mit sozialen Dienstleistungen verbundenen hohen Sinnstiftung und Selbstwirksamkeit gute Chancen, weiterhin auch bei wenig besetzten Jahrgängen die erforderlichen Fachkräfte gewinnen zu können."
Laut Forschung ließe sich jedoch eine Diskrepanz zwischen dieser Erwartungshaltung und der Realität feststellen. „Werte sind moralische Orientierungen, die bestenfalls in stabile Handlungsmuster einmünden. Es reicht nicht, dass die Werte kommuniziert werden. Sie müssen auch tatsächlich gelebt werden“, beschreibt Schneiders die Herausforderung der wertorientierten Führung.
In einem wertorientierten Arbeitsumfeld würde Mitarbeitenden auf Augenhöhe begegnet, Probleme und Herausforderungen kommuniziert und Mitgestaltung ermöglicht. Schneiders betonte, es müsse eine Vertrauenskultur aufgebaut und Kontrollstrukturen abgebaut werden, um einerseits Wertschätzung erfahrbar zu machen und andererseits vielleicht sogar eine überbordende Bürokratie zu reduzieren.
Dass eine konsequente Wertorientierung Teil der Antwort auf die vielfältigen Ansprüche an Sozialdienstleister sein könnte, machte Schneiders abschließend deutlich: „Diese wertorientierte Führung ist erforderlich für die interne und externe Legitimität einer Organisation. Das heißt, die Anerkennung und Akzeptanz ihrer Organisation, sowohl was ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als auch ihre Adressatinnen und Adressaten betrifft, aber auch die Legitimität gegenüber der Gesellschaft und auch ihren Kooperationspartnern und Kostenträgern gegenüber."
Input, der zu Reflektion und Austausch anregte: Bei angenehmem Sommerwetter blieben viele Gäste noch lange auf dem Platz vor dem Speehaus am Rhein, um bei Snacks und Kaltgetränken vom Café Heinrich’s miteinander ins Gespräch zu kommen. Einige probierten hier auch die VR-Brille der digitalen Medienproduktion im Heinrich-Haus aus, um einen 360° Einblick in deren Arbeit zu erhalten.