25 Jahre Jugendbeirat & Halbzeit bei der „Kinderfreundlichen Kommune“: Neuwieder Erfolgsmodell zieht bundesweite Aufmerksamkeit auf sich
Mitreden, mitgestalten, mitentscheiden – Demokratie lebt vom Mitmachen. Kinder und Jugendliche haben eigene Ideen, Wünsche und Bedürfnisse. Wenn wir sie ernst nehmen und beteiligen, stärken wir nicht nur ihr Selbstbewusstsein, sondern auch unser demokratisches Miteinander. Genau diesen Weg geht die Stadt Neuwied – und das mit großem Erfolg.
„Einfacher Plan, kindlich genial!“, hat es einst Herbert Grönemeyer auf den Punkt gebracht. Und auch in Neuwied hat man früh erkannt, wie sinnvoll es ist, junge Menschen aktiv einzubinden. Mit innovativen Ansätzen und einem klaren Bekenntnis zur Jugendbeteiligung ist die Stadt zu einem Vorreiter geworden.
Nun gibt es gleich doppelt Grund zur Freude: Neuwied feiert die Einrichtung des ersten – übrigens von Anfang an ganz selbstverständlich inklusiven - Jugendbeirats vor 25 Jahren. Außerdem ist Neuwied vor eineinhalb Jahren als erste und bislang einzige Stadt in Rheinland-Pfalz von der Unicef als „Kinderfreundliche Kommune“ zertifiziert worden. Dieses Programm feiert nun Halbzeit. Spoiler: Alle 14 darin angepeilten Maßnahmen und Ziele sind konkret angegangen worden.
Das Engagement in der Deichstadt bleibt nicht unbemerkt: Zu einer Fachtagung am 10./11. März kommen Expertinnen und Experten aus der ganzen Bundesrepublik nach Neuwied, um sich über die Erfolgsmodelle vor Ort zu informieren. Eine besondere Auszeichnung für die Stadt und ein Beweis dafür, dass der eingeschlagene Weg der richtige ist.
„Kinder und Jugendliche sind keine Zuschauer, sondern Gestalter unserer Stadt“, betont Oberbürgermeister Jan Einig. „Dass Neuwied in diesem Bereich als Vorbild gilt, zeigt, dass sich unser Engagement lohnt – für die jungen Menschen und für unsere gesamte Stadtgesellschaft.“
Ein Erfolgsmodell mit Tradition
Bereits 1998 berieten politische Vertreter aus Neuwied darüber, junge Menschen aktiv in politische und gesellschaftliche Entscheidungsprozesse einzubinden. „Es war anfangs eine Idee an der Theke, beim interfraktionellen Austausch nach einer Stadtratssitzung“, erinnert sich Sonja Jensen, die heute das Projekt „Kinderfreundliche Kommune“ hauptamtlich koordiniert. Nach einer von KiJub-Chef Jürgen Gügel angestoßenen Befragung der Kinder und Jugendlichen wurde dann schon im Jahr 2000 der erste Jugendbeirat gewählt – mit einem offiziell in der Kommunalordnung verankertem Antrags- und Rederecht für den Stadtrat. Was mit einzelnen Projekten begann, ist heute ein breit aufgestelltes Netzwerk der Kinder- und Jugendbeteiligung – von den Wochen der Kinderrechte über den „KinderHabenRecht“-Award bis hin zur engen Zusammenarbeit mit Schulen und Vereinen.
Die Stadt setzte auch früh auf innovative Beteiligungsformate: Neben klassischen Beteiligungsworkshops zu Planungsvorhaben und Diskussionsrunden gab und gibt es Online-Beteiligungsmöglichkeiten, Jugendforen und kreative Ideenwettbewerbe. Besonders erfolgreich ist die enge Verzahnung mit der Kommunalpolitik – denn hier werden die Anliegen der Jugendlichen nicht nur gehört, sondern auch umgesetzt.
Das Paradebeispiel dafür ist das Jugendzentrum BigHouse, das auf Betreiben des Jugendbeirates realisiert wurde. Dabei lernten die Jugendlichen auch, dass politische Prozesse ihre Zeit brauchen, sich beharrliches Engagement aber am Ende auszahlt. „Die, die es damals initiiert haben, konnten es vielleicht nicht mehr selbst nutzen, sind aber trotzdem heute sehr stolz darauf“, weiß Sonja Jensen. Und Bürgermeister Peter Jung hält fest, dass eben auch das ein Ziel der Kinder- und Jugendbeteiligung ist: „Wenn Menschen Verantwortung übernehmen sollen, können wir ihnen nicht mit 20 oder 30 Jahren sagen: ,Macht mal!‘. Wir müssen frühzeitig beginnen, sie einzubinden“, unterstreicht er.
Ein weiteres Beispiel für diese frühzeitige Einbindung ist die Spielraumplanung. Bereits seit 2008 planen Kinder jeden neuen oder erneuerten Spielplatz in der Stadt aktiv mit. Bei seinen regelmäßigen „Frag doch mal den Bürgermeister“-Sprechstunden bekommt Peter Jung dann die entsprechenden Reaktionen: „Die Spielplätze werden eigentlich immer gelobt“, freut er sich. „Die Beteiligung junger Menschen ist kein Selbstzweck – sie stärkt das Verantwortungsbewusstsein und macht Demokratie konkret erlebbar“, sagt Oberbürgermeister Jan Einig. „Dass unser Ansatz bundesweit Beachtung findet, ist eine Auszeichnung für alle, die sich in Neuwied für Kinder- und Jugendbeteiligung engagieren.“
Zwei hochkarätige Fachtagungen in Neuwied:
Die Dialogfachtagung der „Kinderfreundlichen Kommunen“ Deutschlands findet am 10. und 11. März im Heimathaus statt. Bis zu zwei Fachleute jeder zertifizierten Kommune kommen dabei nach Neuwied, um sich auszutauschen, Vorträge zu hören und sich bei ausgewählten Exkursionen die positiven Auswirkungen der Kinder- und Jugendbeteiligung in Neuwied anzusehen.
Unter der Überschrift „Kinder haben eine Stimme“ folgt am 19. März im Food-Hotel die Kinderrechtefachtagung des rheinland-pfälzischen Familienministeriums mit rund 160 Fachleiten aus dem Land. Im Mittelpunkt steht dabei Artikel 12 der UN-Kinderrechtskonvention („Recht des Kindes auf Gehör“).