Technologien wie Amazon Echo, Google Search und Gesundheitsapps wie die Corona-Warn-App sind zunehmend Gegenstand von Verschwörungstheorien. Das geht aus einer Studie von Forschern mehrerer Universitäten hervor. Beteiligt war auch Dr. Tobias Krämer, Juniorprofessor für Medien- und Dienstleistungsmanagement an der Universität Koblenz. Die Studie zeigt zudem, dass der Glaube an technologiebezogene Verschwörungstheorien eine grundsätzliche „Verschwörungsmentalität“ hervorrufen kann. Die Ergebnisse wurden in der Zeitschrift „Information Systems Research“ veröffentlicht.
Moderne Technologien spielen nicht nur eine wichtige Rolle bei der Verbreitung von Falschinformationen – sie sind inzwischen selbst Gegenstand von (und Nährboden für) Verschwörungstheorien. Bild: Colourbox
Um das Ausmaß, die Ursachen und die Folgen von technologiebezogenen Verschwörungstheorien aufzuzeigen, führten die Autoren zunächst eine Ausgangsbefragung von mehr als 1.000 Personen in den USA durch. Dabei zeigte sich, dass der Glaube an technologiebezogene Verschwörungstheorien weit verbreitet ist. So haben etwa 67 Prozent der Befragten von der Theorie gehört, dass die smarten Amazon Echo-Lautsprecher die Nutzerinnen und Nutzer auch im ausgeschalteten Zustand abhören, um die Bevölkerung zu manipulieren. 36 Prozent der Befragten stimmten dieser Theorie zu. Knapp die Hälfte der Befragten hat zudem von der Theorie gehört, dass Google seine Suchmaschine so manipuliert, dass bestimmte Ergebnisse bevorzugt werden, um die politische Linke zu unterstützen. Etwa ein Viertel der Befragten glaubte, dass diese Theorie stimmt.
Aus den Befragungsdaten geht hervor, dass bei sechs von zehn verschiedenen abgefragten technologiebezogenen Verschwörungstheorien mindestens 20 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Theorie kannten; bei fünf von zehn dieser Theorien glaubten mindestens 20 Prozent an sie.
Glaube an technologiebezogene Verschwörungstheorien kann grundsätzliche „Verschwörungsmentalität“ entwickeln
Darüber hinaus stützten sich die Forscher auf Daten aus einer Feldstudie und drei Experimenten. In der Feldstudie analysierte das Forscherteam die Entstehung des Glaubens an Verschwörungstheorien im Zusammenhang mit der Corona-Warn-App in Deutschland. Ein Experiment zu einem neu eingeführten smarten Autoassistenzsystem lieferte zusätzliche Erkenntnisse darüber, wie nicht nur die Wahrnehmung der Technologie, sondern auch die des Technologie-Herstellers den Glauben an technologiebezogene Verschwörungstheorien beeinflussen. Zudem fanden die Forscher Hinweise darauf, dass der Glaube an technologiebezogene Verschwörungstheorien nachteilige Folgen hat, die über die Nutzung der Technologie hinausgehen. Die Daten deuten darauf hin, dass der Glaube an technologiebezogene Verschwörungstheorien einen Teufelskreis in Gang setzen kann, in dem Individuen eine schädliche „Verschwörungsmentalität“ entwickeln und ihre Umwelt zunehmend durch die Brille von Verschwörungstheorien interpretieren. Diese Verschwörungsmentalität wird wiederum mit negativen Folgen auf persönlicher und gesellschaftlicher Ebene in Verbindung gebracht.
Die Studien ermöglichten es den Forschenden, ein erstes Verständnis dafür zu entwickeln, welche Technologien besonders gefährdet sind, Ziel technologiebezogener Verschwörungstheorien zu werden. Darüber hinaus liefert die Studie Erkenntnisse darüber, was Organisationen im Kontext des Technologiedesigns und der öffentlichen Kommunikation tun können, um die Entstehung technologiebezogener Verschwörungstheorien zu verhindern.
„Unsere Forschung zeigt, dass der Glaube an technologiebezogene Verschwörungstheorien weit verbreitet ist und verheerende Folgen für Individuen und die Gesellschaft haben kann. Wir hoffen, dass unsere Studie den Anstoß für weitere Untersuchungen in diesem Bereich gibt“, erklärt Dr. Tobias Krämer, Juniorprofessor für Medien- und Dienstleistungsmanagement an der Universität Koblenz.
„Die Ergebnisse sollten eine Warnung für Unternehmen und öffentliche Einrichtungen darstellen. Die Forschung zeigt, dass sich der Glaube an Verschwörungstheorien, wenn dieser einmal etabliert ist, nur sehr schwer verdrängen lässt. Wenn Technologien in den Fokus von Verschwörungstheorien geraten, kann dies schwerwiegende Folgen haben, insbesondere wenn diese Technologien darauf abzielen, das soziale Zusammenleben zu verbessern oder Menschenleben zu retten“, so Krämer.
Originalveröffentlichung: Simon Trang, Tobias Kraemer, Manuel Trenz, Welf H. Weiger: Deeper Down the Rabbit Hole: How Technology Conspiracy Beliefs Emerge and Foster a Conspiracy Mindset". Information Systems Research 2024. https://doi.org/10.1287/isre.2022.0494
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