Kinderfreundliche Kommune: Förderprogramm „Zukunftspaket 2“ erfüllt in Neuwied große Wünsche der Kleinen
Nach den Ferien erzählen alle Kinder von ihren tollen Erlebnissen. Wer die Sommerferien zu Hause verbracht hat, weil die Familie nicht viel Geld oder die Eltern wenig Zeit für gemeinsame Aktivitäten haben, ist da schnell außenvor. Seit vielen Jahren veranstaltet das Kinder- und Jugendbüro der Stadt Neuwied (KiJub) zahlreiche Ferienfreizeiten und Ausflüge, bei denen alle willkommen sind – unabhängig vom Geldbeutel der Eltern. Dieses Jahr haben die Organisatoren noch eins draufgesetzt: Gemeinsam mit dem AWO Kinderhort gab es für über 40 Kinder aus den Stadtteilen Heddesdorf und Innenstadt einen Schwimmkurs! Gewünscht hatten sich das die Kids aus dem Zukunftsausschuss.
Großes Interesse am Schwimmkurs: Das Kooperationsprojekt mit AWO und Bürgerstiftung begeisterte nicht nur die Kinder. Foto: Stadt Neuwied/Maxie Meier
Der Zukunftsausschuss ist ein Gremium engagierter Kinder und Jugendlicher, das im Rahmen des Förderprogramms „Zukunftspaket 2“ mitentscheidet, welche Maßnahmen in Neuwied umgesetzt werden. Ob arm oder reich – Kinder wachsen gemeinsam an den Projekten und gestalten den Weg der kinderfreundlichen Kommune.
In den beiden Stadtteilen Innenstadt und Heddesdorf treffen viele Familien besondere Belastungen. Gerade dort erleben viele Kinder die Folgen finanzieller Not oder alltäglicher Benachteiligung – auch wenn die Familie selbst vielleicht gar kein geringes Einkommen hat. Beengte und teure Wohnverhältnisse, teilweise ein erschwerter Zugang zu Bildung und Kultur sind Alltag in vielen Familien. Das prägt auch die Freizeitgestaltung der Kinder. Und wer in der Freizeit nicht mit den Klassenkameradinnen und Nachbarskindern spielt, gleiche Erlebnisse teilt und so mitreden kann, wird auch in der Schule schnell mal zum Außenseiter, beobachtet Sozialpädagoge Stephan Amstad. „Chancengerechtigkeit können wir nur erreichen, wenn wir alle Facetten des Lebens betrachten“, sagt Amstad und betont: „Finanzielle Unterstützung für bedürftige Familien ist wichtig, aber kein Allheilmittel. Wir brauchen Zusammenhalt von klein auf, um als Gesellschaft stark zu sein.“ Den Ansatz der kinderfreundlichen Kommune, die Jüngsten in wichtige Entscheidungen mit einzubeziehen, befürwortet er: „Die Kinder können sehr gut formulieren, was ihnen fehlt und was sie brauchen. Wir müssen sie eigentlich nur dabei unterstützen, ihre konstruktiven Vorschläge umzusetzen.“
Starke Unterstützung für starke Kinder
Der mittlerweile sogar in Berlin bekannte „Neuwieder Weg“ setzt darauf, Kinder und Jugendliche aus ökonomisch schwachen Stadtteilen unabhängig von den tatsächlichen finanziellen Möglichkeiten der Familien zu fördern. Wie genau, das entscheiden die Kinder mit: Im Zukunftsausschuss erhielten die Kinder nun ein neues Format. Einige der Mitentscheider kennen diese Art der Mitbestimmung bereits aus dem Kinderparlament im AWO Hort. Im Zukunftsausschuss sammeln sie gemeinsam Ideen, priorisieren die Wünsche und planen in Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung und verschiedenen Kooperationspartnern ihre Projekte. Die Wünsche der Kinder sind oft bescheiden: Statt Phantasialand, Mallorca oder der neuen Playstation wünschen sie sich ein Fußballcamp, Bewegungsevents, Koch- und Schwimmkurse.
Glückliche Gesichter ringsum waren diesen Sommer im Familienfreibad Oberbieber zu sehen: Die Ehrenamtler der Bürgerstiftung, die die Infrastruktur des Bades zur Verfügung stellen und zum Ende der Ausbildung die Seepferdchen-Prüfung abnehmen, wie auch Ehrenamtler des Heimat- und Verschönerungsvereins Oberbieber haben sich mit der AWO Neuwied und dem städtischen Kinder- und Jugendbüro zusammengetan, um den Wunsch nach einem Schwimmkurs zu erfüllen. Unter fachkundiger Anleitung lernten etwa 40 Kinder in zwei Ferienfreizeit-Kursen die Grundlagen für den großen Badespaß. Während einige Kinder in den ersten Tagen noch große Angst selbst vor flachem Wasser hatten, konnten andere bereits ganz passable Schwimmzüge machen. Gemeinsam machten sie sich auf den Weg zum ersten Schwimmabzeichen.
Trotz großem Erfolg: Bisher keine Planungssicherheit
„Wir haben den Grundstein gelegt für eine Kooperation, von der hoffentlich noch viele Kinder profitieren werden“, freut sich Bürgermeister Peter Jung. Das Siegel „Kinderfreundliche Kommune“ ist eine Verpflichtung, kontinuierlich daran zu arbeiten, dass alle Kinder in Neuwied faire Chancen bekommen, bestmöglich gefördert und geschützt werden. Langfristig sichert dies das Konzept zur Kinderfreundlichen Kommune; verwirklicht werden dessen Ziele bereits heute durch ineinandergreifende Maßnahmen zugunsten von Benachteiligung bedrohter Kinder und Jugendlicher.
Dieses Jahr konnte der Schwimmkurs aus den Mitteln des Zukunftspakets für die Kinder ermöglicht werden. „Das Problem dabei: Wir haben keine langfristige Planungssicherheit“, beklagt Bürgermeister Jung und führt aus: „Das ist auch für unsere Kooperationspartner bzw. die aktiven Kinder und Jugendlichen des Zukunftsausschusses ärgerlich: Wir alle wünschen uns, dass diese Projekte keine Eintagsfliegen sind, sondern sich fest etablieren in Neuwied. Da brauchen wir längerfristige Zusagen von Bund und Land, denn aus dem eigenen städtischen Haushalt können und dürfen wir die notwendigen Mittel nicht fest verplanen. Das geht im Endeffekt auf Kosten der Kinder – das darf doch nicht sein“, sagt Peter Jung.