HwK-Veranstaltung zum Fachkräfteeinwanderungsgesetz baute Brücke von der Theorie hin zu ganz praktischen Fallbeispielen
KOBLENZ. -Foto-Quelle: HwK Koblenz (Jörg Diester) - Seit einem Jahr gilt für die deutsche Wirtschaft ein novelliertes Fachkräfteeinwanderungsgesetz. Für die Handwerkskammer (HwK) Koblenz, die in diesem Bereich über einen breiten Erfahrungsschatz und Beratungsleistungen verfügt, Anlass genug, im Rahmen einer Informationsveranstaltung der Frage nachzugehen, wie sich dieses Gesetz in der Praxis bewährt hat.
Verfahren, Kosten, Fallstricke und konkrete Fälle zur Minderung des Fachkräftemangels – so lässt sich in Stichworten zusammenfassen, was einen Abend die Gemüter beschäftigte – und zum Teil auch erhitzte. Hier wie in vielen anderen unternehmenstypischen Bereichen spielt die Bürokratie eine nicht zu unterschätzende Rolle.
Denn wenn ein deutscher Betrieb Fachkräfte im Ausland sucht und dort auch findet, kann es dauern oder gar nicht klappen, bis die Verstärkung hierzulande im Unternehmen eintrifft. Um das Verfahren möglichst geradlinig zu gestalten und im Dschungel aus Gesetzen und Vorschriften den richtigen Weg einzuschlagen und zu verfolgen, gaben die HwK-Experten Stefan Gustav und Ann-Kathrin Maaß wichtige Tipps und weitreichende Informationen an die rund 40 Besucher der Veranstaltung.
„Die HwK Koblenz befasst sich seit Jahren intensiv mit dem Thema. Sie hat an der Novelle massiv Kritik geübt, da aus unserer Sicht die Definition der Fachkraft im Sinne des Gesetzes zu eng gezogen ist“, stellte Stefan Gustav gleich zu Beginn klar. Er ist bei der HwK zuständig für die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse wie auch das Fachkräfteeinwanderungsgesetz, steht also tief in der Thematik und kann die Verfahren über ihre rechtliche Grundausrichtung auch ganz praktisch in deren Umsetzung beurteilen.
HwK-Experte Stefan Gustav stellt den rund 40 Veranstaltungsteilnehmern Inhalte des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes vor. Foto-Quelle: HwK Koblenz (Jörg Diester)
Das gilt auch für Stefanie Sürth aus Mayen. Sie ist geschäftsführende Gesellschafterin eines Autohauses und leitet das Unternehmen zusammen mit ihrem Mann. „Hätte man uns vor 30 Jahren einen Fachkräftemangel vorausgesagt, wäre das als absolut unvorstellbar abgehakt worden. Bewerber gab es mehr als genug. Heute sieht das leider ganz anders aus.“ Doch die Sürths steckten den Kopf nicht in den Sand, sondern wurden aktiv und gingen neue Wege bei der Fachkräftesuche – auch aus dem Ausland. Dabei konzentrierten sie sich auf Marokko und fanden mit Abderrahmane Dqaqi dort auch einen ihrer heutigen Auszubildenden. Der lebt nun seit zweieinhalb Jahren in Deutschland und berichtete im Rahmen der Infoveranstaltung über seinen Werdegang und die gemachten Erfahrungen. Dabei wurde sehr deutlich: im Mayener Autohaus ist man ein eingespieltes Team, das harmonisch an einem Strang zieht. Chefin Sürth machte dabei auch klar: ein Spaziergang ist weder das Verfahren noch der Alltag. „Man muss diese neuen Mitarbeiter begleiten, damit sie ankommen. Was sich absolut lohnt.“ Viel Lob gab es von Stefanie Sürth für die Arbeit der Handwerkskammer in diesem Sektor, „kompetent und immer hilfsbereit!“
Erfahrungen aus der Praxis brachten Stefanie Sürth und ihr marokkanischer Lehrling Abderrahmane Dqaqi in die Veranstaltung ein. Foto-Quelle: HwK Koblenz (Jörg Diester)
Doch Stefan Gustav weiß auch: „Hier gibt es noch viel zu tun, denn unsere vielen Gespräche mit Unternehmen im Kammerbezirk haben ein ähnliches Ergebnis ergeben wie auch eine breit aufgestellte Befragung der Bundesagentur für Arbeit: Das Wissen um die Möglichkeiten des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes ist für eine gezielte Personalpolitik nicht ausreichend. Viele Betriebe erhalten zum Beispiel Bewerbungen für Ausbildungsstellen aus Nordafrika und wissen nicht, wie damit umzugehen ist. Andere Betriebe bekommen von Personaldienstleistern Fachkräfte aus Drittstaaten angeboten und müssen entscheiden, ob das Angebot seriös ist, ob die Kosten gerechtfertigt sind. Das sind weitreichende Entscheidungen, die sich im Zentrum um Menschen und ihre Zukunft drehen. Damit muss man natürlich verantwortungsvoll umgehen.“ Insofern wird es ganz bestimmt nicht bei diesem Informationsabend bleiben, denn das Thema Fachkräftesicherung wird auf absehbare Zeit das Problem Nummer eins der deutschen Wirtschaft bleiben. „Die Einwanderung wird das nicht grundsätzlich lösen, ist aber ein interessanter Baustein auch für Handwerksbetriebe“, so Gustav. Ann-Kathrin Maaß stellte dazu passend Inhalte und Zielsetzungen des Projekts „FIT for German Climate Businesses“ vor, das gezielt Unterstützung bei der Anwerbung von Fachkräften aus Kolumbien und Usbekistan bietet.
Weitere Informationen gibt bei der Handwerkskammer Koblenz Stefan Gustav, Tel. 0261/398-309, stefan.gustav@hwk-koblenz.de