Adipositaszentrum Mittelrhein informiert über interdisziplinäres Behandlungskonzept
KOBLENZ. Menschen mit schwerem Übergewicht werden häufig diskriminiert und beschämt. Ihnen wird schnell Trägheit und ein Mangel an Willenskraft unterstellt, um abzunehmen. Doch bei Adipositas handelt es sich um eine chronische Erkrankung, die ebenso komplexe wie unterschiedliche Ursachen haben kann.
Das Team des Adipositaszentrums Mittelrhein um Leiter Dr. med. Benedikt Hoidn (2. von rechts) erläuterte Betroffenen und Interessierten das interdisziplinäre Behandlungskonzept, mit dem Patienten individuell auf ihrem Weg in ein Leben ohne gesundheitsgefährdendes Übergewicht begleitet werden. Foto: GK-Mittelrhein/Christina Ehricht
Experten sprechen ab einem Body-Maß-Index (BMI) über 35 von extremer, behandlungsbedürftiger Adipositas. „Auf Dauer drohen dann weitere gesundheitliche Probleme wie Gelenkbeschwerden, Diabetes, Bluthochdruck oder Schlaganfälle – und damit ein deutlich erhöhtes Sterberisiko im Vergleich zu normalgewichtigen Menschen“, erklärt Dr. med. Benedikt Hoidn bei einer gut besuchten Informationsveranstaltung. Der Leiter des Adipositaszentrums Mittelrhein beobachtet häufig, dass Betroffene zunächst wegen dieser Begleiterkrankungen zum Arzt gehen. So werden dann lediglich die Symptome, aber nicht die Ursache der vielfältigen Beschwerden behandelt. Für einen echten Therapieerfolg muss das Übergewicht spürbar abgebaut werden. Studien belegen, dass dies ab einem bestimmten BMI allein durch Diäten und Bewegung nicht in ausreichendem Maß möglich ist.
Vor einer Operation sollten immer konservativen Methoden zur Gewichtsreduktion stehen. Erst wenn es aussichtslos erscheint, hiermit die notwendige Gewichtsabnahme auch langfristig zu erzielen oder sämtliche Diäten gescheitert sind, kommt eine Operation in Frage. „Maßnahmen wie Ernährungsumstellung, Verhaltensberatung, Bewegung und die Begleitung durch den Hausarzt und bei Bedarf auch einen Psychotherapeuten müssen im Vorfeld koordiniert und dokumentiert werden“, beschreibt Zentrumskoordinatorin Ingrid Neunheuser den komplexen Prozess, bei dem Betroffenen oft auf die Hilfe von einem Adipositaszentrum angewiesen sind. „Mit diesen Unterlagen können Betroffene dann operiert werden und die Krankenkasse übernimmt die Kosten.“
Oberarzt Dr. med. Sven Oosterloo stellte verschiedene operative Verfahren vor, die in der Regel alle minimal-invasiv durchgeführt werden. „Welches Verfahren sich für wen eignet, hängt unter anderem ab vom BMI, vorhandenen Begleiterkrankungen und weiteren persönlichen Faktoren ab. Daher findet vor jedem Eingriff ein ausführliches individuelles Beratungsgespräch statt, um gemeinsam die beste Therapieoption festzulegen“, erläuterte Oosterloo.
Ziel ist es, mit dem Eingriff nachhaltig bis zu 80 Prozent des Übergewichtes zu reduzieren. Um es zu erreichen, spielt auch die umfassende Betreuung nach der Operation eine wichtige Rolle, wie Oberarzt Thorsten Kratz verdeutlichte. Hier geht es etwa um den Umgang mit den Auswirkungen eines verkleinerten Magens oder Abhilfe bei eventuellen, daraus resultierenden Problemen. Bei jüngeren Patientinnen kommt das Thema Verhütung hinzu, da eine Schwangerschaft für die Dauer von 1,5 bis zwei Jahren nach einer bariatrischen Operation möglichst vermieden werden soll.
Während körperliche Betätigung aufgrund des hohen Gewichts schwerfällt oder auch gar nicht möglich ist, sind Bewegung und sportliche Aktivitäten nach der Operation wichtig, um den Therapieerfolg zu unterstützen, wie der Experte weiter ausführte: „Mit weniger Gewicht geht es nicht nur leichter, sondern macht einfach mehr Spaß – eine Aufwärtsspirale, die wichtig für die Motivation ist und Betroffene einfacher am Ball bleiben lässt.“ Dabei kann zudem der Austausch mit Gleichbetroffenen helfen. Daher arbeitet das Adipositaszentrum Mittelrhein eng mit entsprechenden Selbsthilfegruppen in der Region zusammen, die Betroffenen generell auch bei anderen Fragen und Problemen im Alltag mit Rat und Tat zur Seite stehen.
Last but not least können bei stark verändertem Körperbild für den Gesamterfolg weitere Operationen notwendig sein, bei denen etwa überschüssige Hautschürzen entfernt oder Körperpartien gestrafft werden. Neben der störenden Optik geht es dabei auch um die Vorbeugung von Entzündungen und Pilzerkrankungen, die sich manchmal aufgrund von Feuchtigkeit in den Hautfalten bilden. Zu solchen Eingriffen raten die Experten frühestens nach etwa zwei Jahren, weil sich dann sowohl Gewicht als auch das Körperbild weitgehend stabilisiert haben. Viele Patienten brauchen diese Wiederherstellungsoperationen allerdings gar nicht.
Weitere Informationen gibt es online unter www.adipositaszentrum-mittelrhein.de.
Kontakt: 0261 137-1985 oder per E-Mail: adipositas@gk.de.