9. Blues Summit: Richie Arndt eröffnet denkwürdiges Doppelkonzert der Bluesfreunde Neuwied
(Foto: Dennis Schreiber) - Das hat es bei den von den Bluesfreunden Neuwied organisierten Blues Summits noch nicht gegeben: Das Publikum im voll besetzten Saal des food hotels erhebt sich von den Sitzen und tanzt zu den Afro-Beat Rhythmen von Justina Lee Brown und ihrer dreiköpfigen Band. Mit ihrer starken Bühnenpräsenz hatte die in Nigeria geborene und in der Schweiz lebende Künstlerin alle rasch in ihren Bann gezogen. Ihre meist autobiografisch geprägten Songs präsentiert Brown mit einer Gospel-mäßigen Intensität und reißt das Publikum im wahrsten Wortsinn vom Hocker.

Justina Lee Brown begeisterte das Publikum. Foto: Dennis Schreiber

Das hatte zuvor bereits erlebt wie authentisch deutsche Musiker den Blues in all seinen Spielarten erfassen. Richie Arndt baute mit seinen drei Mitstreitern teils auf Klassiker, teils auf eigene Kompositionen Dabei überzeugte Arndt nicht nur als versierter Gitarrist, sondern auch durch seine kraftvolle Stimme. Schon seltsam, dass er einst vergeblich versucht hatte, dem Schulchor beizutreten. Abgelehnt wegen „Gebrumms“, so das seltsame Urteil des Musiklehrers. Arndt hat ein Faible für Züge, hat diesem Transportmitte gar ein eigenes Album gewidmet. So rollt der „Lonely Midnight Train“, angetrieben von einer feinen Slide -Gitarre im Rockabilly-Rhythmus durch die Landschaft, in „When the Train comes“ fasziniert Arndt mit einem mitreißenden Solo im Stil der Allman Brothers. Der „Night Train“ startet als Rocksong, doch bald stellen der versierte Keyboarder George Kochbeck und Bassist Sascha Oeing die Weichen für ein Jazz-betontes Zwischenspiel, für die rhythmische Vielschichtigkeit sorgt derweil Drummer Tim Zimmermann. Ein weiteres Faible besitzt der Musiker für New Orleans. Der „Crescent City“ widmet er „Congo Aquare“ und den Little Feat-Klassiker „Dixie Chicken“. Songs von zweien seiner Inspirationsquellen verpasst Andt mit seiner Band eine Frischzellenkur: „Hear my Train a-comin‘“, einer von Jimi Hendrix‘ weniger bekannten Songs, kommt als Klangcollage im „Swamp Sound“ daher, Peter Greens Klassiker „Oh Well“ erhält ein Rock-geprägtes Facelifting.  
 

Richie Arndt und seine Band eröffneten den 9. Blues Summit. Foto: Dennis Schreber

Mit Justina Lee Brown betritt im zweiten Teil des Abends eine Künstlerin die Bühne, die mit ihren Songs persönliche Schicksalsschläge verarbeiten und ihre Dämonen vertreiben will – und das mit einer atemraubenden Intensität. Oft eingeleitet mit sanft vorgetragenen Informationen über die Hintergründe, die Brown inspiriert haben – und mit Aufrufen, sich nicht mit den oft bedrückenden Realitäten einer aus den Fugen geratenen Welt abzufinden. Rassismus, Unterdrückung und Ausbeutung, das gelte es, so Brown, zu bekämpfen, allerdings nur auf eine Art und Weise, die den Respekt gegenüber den Mittmenschen in den Mittelpunkt stellt. Ihre Texte kleidet sie mal in afrikanische Highlife-Rhythmen („Sweet Home“), mal in fast  klassischen Blues („Crossfire“, „Happiness“), mal in balladenhafte Anmut („Carry me“) und immer wieder in knackige Funkvariationen („On my way“, „One Love Africa“). Gesegnet ist Brown mit einer ausdrucksstarken Stimme, mit der sie hohe, klagende Töne ebenso mühelos meistert wie  kraftvolles Shouten. Bei ihren Stücken, die häufig eingetretene kompositorische Pfade verlassen, kann sie ganz ihrer formidablen Band vertrauen. Carlo Menet spielt häufg eine am klassischen Soul geprägte Gitarre, Lou Cruz gibt den coolen funkinformierten Bassisten während Drummer Chrigel Bosshard die Stöcke und Paukeneschlegel fliegen lässt. Die ganze musikalische Virtuosität bricht sich dann in einem brodelnden „Black and white Feeling“ Bahn, einem intensiven Aufruf zur Mitmenschlichkeit, in den Richie Arndt und George Kochbeck einsteigen. Auf den Sitzen hält es da keinen mehr.