Die Tatsache, dass das Ampel-Aus jetzt geschehen ist, heißt nichts anderes als dass Christian Lindner und die FDP sich nicht in der Lage sehen, eine Politik zu betreiben, die die Bedürfnisse der Armen, Schwachen und Behinderten angemessen berücksichtigt. Es ist in der Tat ein Ende mit Schrecken, was aber nicht bedeutet, dass die Sozialdemokratie und die Grünen nicht die Chance hätten, in der nun bald anstehenden Wahlauseinandersetzung viele Menschen in dieser Gesellschaft, denen es nicht so gut geht, und bei denen man von Armut sprechen muss, für ihre Politik zu gewinnen.
Wer die letzten drei Jahre realistisch betrachtet, der kann nicht darüber hinwegsehen, dass insbesondere Christian Lindner sich immer wieder als neoliberaler Ideologe ohne Empfinden für soziale Gerechtigkeit gebärdet hat. Lindner hat damit auch ein gutes Stück des deutschen Liberalismus mit Füßen getreten und etwa die sozialliberale Ära, die diese Partei durchaus erlebt hat, mit Menschen wie Hildegard Hamm-Brücher, Karl-Hermann Flach oder Walter Scheel versucht, vollends in Vergessenheit zu bringen. Ja, neoliberaler Marktradikalismus ist das Kennzeichen der FDP von heute und Sozialliberale, wie vielleicht Volker Wissing es war, spielen in der liberalen Partei in der Bundesrepublik keine Rolle mehr. Ein anderer Liberalismus als den, den man mit "menschenfreundlich" umschreiben könnte. Doch es kommen unter Umständen noch schwerere Zeiten auf diese Republik zu, wenn die Rechtsradikalen in Gestalt der AfD von dem derzeitigen Desaster profitieren sollten. Auch hier trägt Lindner ein erhebliches Maß an Verantwortung. Wir werden in den nächsten Monaten hoch polarisierte und politisierte Monate erleben, die unbedingt dazu genutzt werden müssen, durch die Sozialdemokratie eine aufklärerische und für die Demokratie stabilisierende Aktivität zu entfalten. Die FDP wird weiter das Etikett von der Umfaller-Partei schmücken und es muss alles darangesetzt werden, die Demokratie zu erhalten. Eine Bekannte von mir hat vor kurzem davon gesprochen, dass die Grußformel, die die politischen Menschen jetzt und in der Zukunft benutzen sollten, "hüte die Demokratie". Angesichts des derartigen Szenarios ist dem wohl nichts zuzufügen.