Zoo Neuwied zieht Bilanz im Artenschutzprojekt
Neuwied, 03. Juli 2025 – Es ist ein bedeutender Meilenstein für den Schutz einer der seltensten heimischen Wirbeltierarten: 68 junge Würfelnattern konnten in ein neu geschaffenes Ausweichhabitat an der Lahn entlassen werden, um eins der drei letzten Vorkommen dieser Reptilienart in Deutschland zu sichern.
„Wir freuen uns sehr über diesen Erfolg“, erklärt Biologin Alexandra Japes, Pressesprecherin des Zoo Neuwied. „Das Projekt war von Anfang an mit vielen Herausforderungen verbunden, doch die intensive Betreuung der Tiere hat sich ausgezahlt.“
Bereits im Frühjahr 2024 wurden zwölf adulte Weibchen aus dem Naturschutzgebiet „Schleuse Hollerich“ im Zoo Neuwied in speziell dafür angelegten Freiland-Paludarien untergebracht.
Geplante Baumaßnahmen an der dortigen Wehranlage drohen, die dortige Würfelnatterpopulation zu schädigen, weshalb das zuständige Wasserstraßen-Neubauamt als naturschutzfachliche Maßnahme ein Ausweichhabitat in der Nähe angelegt hat. Da die Umsiedelung erwachsener Reptilien jedoch nicht erfolgversprechend ist, musste diese Maßnahme mit einem Zuchtprojekt kombiniert werden. „Die Schlangen haben bei uns insgesamt über 100 Eier gelegt und wurden unmittelbar danach durch Würfelnatterexpertin Dr. Lenz, die das Projekt begleitet, wieder an ihren Fundort zurückgebracht“, so Japes. „Da Würfelnattern keine Brutpflege betreiben haben sie nach der Eiablage nichts mehr mit ihrem Nachwuchs zu tun. Wir hoffen, dass sie die anstehenden Baumaßnahmen überstehen oder aus eigenem Antrieb abwandern. Trittsteinhabitate, also kleine Lebensräume, die durch die Behörde zwischen dem jetzigen Standort und dem geschaffenen Ausweichhabitat angelegt wurden, sollen dabei helfen.“
Rund 100 Jungschlangen schlüpften im Sommer 2024– ein beeindruckender Zuchterfolg. 68 der kleinen Reptilien konnten nun ausgewildert werden. „Mit einigen Verlusten haben wir leider von vornherein rechnen müssen“, bedauert die Biologin. „Einige sind aus der Winterstarre nicht wieder aufgewacht, andere hatten eine Pilzerkrankung oder sind ertrunken. Aber der überwiegende Teil ist sehr gut gewachsen und war jetzt fit fürs Freiland.“
Ein besonderes Augenmerk bei der Vorbereitung der Tiere lag auf der Ernährung: „Wir haben selbst Fische gezüchtet und mit Ausnahmegenehmigung lebend an die Schlangen verfüttert, damit sie das Jagen lernen– eine entscheidende Voraussetzung dafür, dass sie sich nach der Auswilderung eigenständig versorgen können.“
Bevor die Reptilien Ende Juni in das neu angelegte Ausweichhabitat nahe der Lahn entlassen wurden, wurden sie gründlich untersucht: Durch Dr. Lenz wurden die Tiere gewogen, vermessen und einem Gesundheits-Check unterzogen. Zudem erhielt jedes Tier einen kleinen, farbigen Punkt – dieser verschwindet mit der nächsten Häutung, ermöglicht jedoch in der Zwischenzeit ein gezieltes Monitoring. So kann beobachtet werden, wie sich die Schlangen nach der Freisetzung verhalten und ob sie sich gut im neuen Lebensraum zurechtfinden.
„Wir hoffen sehr auf positive Rückmeldung aus dem Monitoring“, so Japes. „Da es nach Expertenschätzungen nur noch weniger als 1000 adulte Würfelnattern in Deutschland gibt, die sich auf nur drei natürliche Vorkommen beschränken, welche alle in Rheinland-Pfalz liegen, kommt uns für das Überleben dieser Art in Deutschland eine besondere Verantwortung zu. Artenschutz ist für uns eben nicht nur ein Schlagwort, sondern unser größter Motivator.“