Beuteltier-Vielfalt im größten Zoo von Rheinland-Pfalz
Neuwied, 13. März 2025 – Foto: Thorben Maur - In sanftes Morgenlicht getaucht liegt die Wiese da, Emus lassen ihre kehligen Rufe hören und träge hüpfen ein paar Kängurus von einem sonnenbeschienenen Fleck zum anderen. Für diesen Anblick muss man nicht nach Australien reisen, ein Besuch im Zoo Neuwied genügt. Zoodirektor Mirko Thiel erklärt, warum: „Die australische Tierwelt ist schon seit den Gründungstagen in den Siebzigern stark vertreten bei uns, da der Zoogründer gute Kontakte nach Australien hatte. Und obwohl die Tiergärtnerei sich seitdem enorm weiterentwickelt hat und auch bei uns in Neuwied die Tierhaltung einem ständigen Wandel unterliegt, halten wir gern an dieser Tradition fest.“
Erst im Herbst wurde eine große, begehbare Voliere für australische Vögel eröffnet, und auch im Exotarium sind zahlreiche australische Reptilien zu finden. „Die Tiergruppe, an die jeder sofort denkt, wenn er ‚Australien‘ hört, sind aber natürlich die Beuteltiere“, glaubt der Zoologe. „Diese urtümliche Säugetiergruppe gibt es, mit Ausnahme der amerikanischen Beutelratten, nämlich nur in Australien.“
Beuteltiere zeichnen sich dadurch aus, dass sie ihre Jungen in einem extrem frühen Stadium zur Welt bringen, wenn diese noch völlig unterentwickelt sind, ähnlich dem Embryo eines höheren Säugetiers. „Diese winzigen, gummibärchengroßen Jungen schaffen es dann, selbstständig den Weg in den Beutel der Mutter zu finden, wo sie sich an einer Zitze festsaugen und geschützt die nächsten Wochen ihrer Entwicklung durchlaufen, bis sie dann vollständig behaart und mit geöffneten Augen wieder aus dem Beutel hervorkommen. Das finde ich total faszinierend.“
Foto: Thorben Maur
Aufgrund dieser Jungtierentwicklung weiß der Zoodirektor auch nie ganz genau, wieviele Kängurus eigentlich auf der Australienwiese leben, die mit 3,5 Hektar das größte Gehege im Zoo ist. „Wir haben dort Graue Riesenkängurus und die kleineren Bennettkängurus, außerdem einige Emu-Paare“, zählt Thiel auf. „Die Grauen Riesen vermehren sich sehr gut, und immer mal wieder geben wir Teilgruppen an andere Einrichtungen ab. Der Besatz auf der Känguruwiese schwankt daher zwischen 50 und 100 Tieren, genauer muss ich es auch gar nicht wissen. Ständig in die Beutel zu schauen wäre nur unnötiger Stress, einmal jährlich Inventur zum Jahreswechsel genügt.“
Aber die Grauen Riesen und Bennetkängurus sind nur die bekanntesten Beuteltiere im Zoo Neuwied, nicht die einzigen. Im Exotarium leben noch zwei weitere Arten, welche sich dem Blick der Besucher jedoch oft entziehen und daher nur Wenigen bekannt sind. „Die Fuchskusus und Bürstenschwanz-Rattenkängurus sind nachtaktiv und daher tagsüber leider kaum zu sehen“, bedauert der Zoologe, „bei einer unserer regelmäßig stattfindenden Abendführungen hat man da bessere Chancen.“ Die kuschelig aussehenden Fuchskusus erinnern manche Teilnehmer an Teddybären und kommen dank einer abendlichen Fütterung gern aus ihren Baumhöhlen. Die Bürstenschwanz-Rattenkängurus leben als Bodenbewohner im gleichen Gehege und erinnern optisch tatsächlich an Ratten, die sich jedoch auf ihren kräftigen Hinterbeinen aufrecht springend wie Kängurus fortbewegen. „Die Bettongias, wie sie in der Fachsprache heißen, habe selbst ich erst ein paarmal gesehen“, gesteht der Zoodirektor. „Aber ich muss ja auch nicht abends mit Taschenlampe ins Exo gehen um mich daran zu erinnern, dass die australische Fauna zu unseren zoologischen Schwerpunkten gehört. Ein Spaziergang zur Känguruwiese mit der größten Herde Europas und dem herrlichen Blick übers Mittelrheintal: Besser kann man die Wurzeln unseres schönen Zoos nicht versinnbildlichen.“