Der Einschätzung, dass jemand, der die meisten Erststimmen in einem Wahlkreis erzielt hat, künftig dann doch nicht im Parlament vertreten sein wird, lasse sich schlichtweg nicht verständlich erklären, muss ich widersprechen. Bei der letzten Bundestagswahl erreichte lediglich ein Bewerber in seinem Wahlkreis mehr als 50 Prozent der Erststimmen. Das niedrigste Ergebnis, das für ein Direktmandat reichte, waren 18,6 Prozent, was eigentlich schon als skandalös bezeichnet werden kann. Um den Bundestag ernsthaft zu verkleinern, muss inzwischen tatsächlich der Grundcharakter des Verhältniswahlrechts zur Geltung kommen.
Die Parteistimme muss das Maß aller Dinge sein, Das bisherige Wahlrecht garantierte im Übrigen auch nicht wirklich das gleiche Gewicht aller Erststimmen, sondern war insbesondere in der alten Bundesrepublik mit CDU/CSU, SPD, FDP und Grünen für die taktisch Wählenden von Vorteil, die die Gestaltungsmöglichkeit nutzen konnten, mit der Erststimme die Direktkandidierenden des erwarteten größeren Koalitionspartners und mit der Zweitstimme die kleinere koalierende Partei zu unterstützen. Das bisherige Wahlrecht verträgt sich aber nicht mehr mit dem Einzug vieler Parteien in den Bundestag. Die Verhältniswahl mit personalen Elementen kann demzufolge nicht mehr in der bisherigen Form aufrechterhalten werden.