Bereicherungsabsicht und Egoismus hält der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler im rheinland-pfälzischen Landtag, Helge Schwab, den aus der Fraktion austretenden Abgeordneten Bernhard Alscher und Herbert Drumm vor und fordert beide auf, ihr Landtagsmandat niederzulegen.

Es gilt der Grundsatz des freien Mandats: Abgeordnete sind an Aufträge und Weisungen nicht gebunden, sie vertreten das gesamte Volk (Grundgesetz Artikel 38 Absatz 1). Das Gegenteil des freien Mandats wäre das imperative Mandat: die Bindung der Abgeordneten in allen Entscheidungen an Weisungen der Basis (Wählende, Parteimitglieder). Mandatsträger müssen somit keinen „Wählerauftrag“ erfüllen (wie ermittelt man ihn überhaupt?).

Wenn jemand die Fraktion verlässt, ist es allerdings ein übliches, damit auch ermüdendes Ritual, dass die Rückgabe des Mandats gefordert wird. Und es ist im Übrigen ja auch üblich, dass die neue Fraktion, zu welcher Aussteigende möglicherweise übertreten, sie dann gerne aufnimmt. In unserer Region kenne ich eigentlich nur eine einzige Person, die sich so einwandfrei verhielt, dass kein Verdacht bestehen konnte - etwa in dem Sinne wie jetzt vorgeworfen, dass den beiden aus der Fraktion der Freien Wähler Austretenden Bereicherungsabsicht und Egoismus vorzuhalten sei: Heike Wilms-Kegel, Bundestagsabgeordnete der Grünen bis 1990, erklärte, sich auf die FDP zu orientieren, sie blieb dennoch bis zum Ende der Legislaturperiode in ihrer Fraktion und engagierte sich erst danach in ihrer neuen Partei.

Wenn der ehemalige Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, Joachim Streit, den beiden austretenden Abgeordneten „Betrug am Wähler“ vorwirft, regt er damit zwar ein hohes Empörungs- und Mobilisierungspotenzial an, aber eine ehrliche und schonungslose Aufarbeitung des Scheiterns sollte doch auf einer solideren Grundlage vorgenommen werden.