Wenn der Generalsekretär der Jungen Freien Wähler Rheinland-Pfalz, David Eilert, herausstellt, die Freien Wähler stünden zu unserer Polizei, zu Recht und Ordnung, zu einem respektvollen Umgang in der politischen Debatte, ist das als politische Positionierung selbstverständlich in Ordnung. Bevor er allerdings erklärt, wer das mit Füßen trete, gehöre nicht gefördert, sondern vom Verfassungsschutz beobachtet, sollte er versuchen, unser Bundesverfassungsgericht ernst zu nehmen. 

Im April 2015 entschied Karlsruhe, der Anstecker „fck cps“ stelle keine Beleidigung einzelner Polizisten dar. Die „allgemeine Ablehnung“ der Polizei sei von der Meinungsfreiheit geschützt. Im Jahre 2016 urteilte das Bundesverfassungsgericht, ACAB-Parolen seien nicht ohne Weiteres als Kollektivbeleidigung strafbar, sie seien oft mit einer Kritik an den Strukturen der Polizei verknüpft, also zumeist eine von der Meinungsfreiheit abgedeckte Ausdrucksweise von Kritik an der Polizei, weil sie nicht auf eine abgeschlossene Gruppe von Menschen, sondern auf ein System ziele. 

Was die Neigung zu einem gewissermaßen abstrafenden Umgang mit Jette Nietzards Positionierung angeht, liege ich mit Grünen-Chef Felix Banaszak auf einer Linie, der erklärt hat, über den Verbleib der Grüne-Jugend-Chefin an der Spitze der Jugendorganisation müsse diese selbst entscheiden. Nebenbei, im Jahre 2023 zeigte die Bundespolizei Souveränität, indem sie mit ACAB gekonnt abgewandelt in Form der Erläuterung „All Cops Are Beautiful“ warb. 

Um es klarzustellen: Ich bin alles andere als ein Fan von Jette Nietzard. Schlimm finde ich jedoch insbesondere ihre Positionierung in der Causa Gelbhaar. Die Grünen schalteten ihren Bundestagsabgeordneten Stefan Gelbhaar aus, der nicht mehr kandidieren konnte, nachdem insbesondere eine überhaupt nicht existierende Person eidesstattlich erklärt hatte, sie sei sexuell von ihm attackiert worden. Die für diese Manipulation Verantwortliche, eine Berliner Grünen-Bezirkspolitikerin, trat nach der Aufdeckung dieser Intrige aus dieser Partei aus, legte auch ihr Mandat nieder. Aber trotzdem erklärte Jette Nietzard, die Unschuldsvermutung gelte immer vor Gericht, aber in einer Partei gälten andere Regeln als in juristischen Verfahren, denn es gebe einen Unterschied zwischen einer juristischen und einer moralischen Einschätzung. Das ist Blödsinn und in diesem Fall auch zweifelsfrei unverantwortlich. Hier wurde nämlich tatsächlich ein einzelner Mensch geschädigt.