Dokumentarfilm und Gesprächsrunde beleuchten die iranische Rechtssprechung im Fall Reyhaneh
KOBLENZ. „Wir sind die soldiers of justice. Sprecht mit uns darüber, berichtet anderen davon und unterstützt uns“, sagt Shole Pakravan und meint damit die miserable Rechtslage für Frauen im Iran. Sie selbst verlor nach einem langen Kampf vor fast genau zehn Jahren ihre Tochter Reyhaneh, die hingerichtet wurde.
Nun folgte die Mutter auf Einladung der Kooperierenden, das sind der Soroptimist International (SI) Club Koblenz und das ISSO-Institut, sowie der Beirat für Migration und Integration der Stadt Koblenz und das Filmtheater Klein, zu einer Veranstaltung ins Apollo-Kino, gefördert durch das Bundesprogramm Demokratie Leben und die Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz

Begrüßten gemeinsam Shole Pakravan (2. von links) und Dr. Homayun Alam (2. von rechts): SI-Clubpräsidentin Verena Wiedenhues (links) und Moderatorin Beatrix Sieben (rechts).

Der Dokumentarfilm „Sieben Winter in Teheran“ wurde im Rahmen der Interkulturellen Wochen Koblenz gezeigt. Der Film dokumentiert auf eindrückliche und erschütternde Weise die Geschichte der 19-jährigen Studentin Reyhaneh, die zum Tode verurteilt wurde, weil sie in Notwehr den Mann tötet, der versucht hat, sie zu vergewaltigen. Sieben Jahre lang sitzt sie im Gefängnis, während ihre Familie Anwälte engagiert und die Öffentlichkeit über den Fall informiert. Trotz nationaler und internationaler politischer und menschenrechtlicher Bemühungen verweist die iranische Justiz auf das „Recht auf Blutrache“. Weil Reyhaneh ihre Anschuldigungen gegen den Mann nicht zurückzieht, verlangt seine Familie ihren Tod.
Der Film rekonstruiert den Fall anhand von persönlichen Videoaufnahmen, die teilweise heimlich aufgenommen wurden, Aussagen und Erinnerungen ihrer Familie und Mitgefangenen, sowie anhand von persönlichen Briefen, die von Reyhaneh im Gefängnis verfasst wurden. Steffi Niederzoll und Melanie Andernach gelingt ein beeindruckender Dokumentarfilm, der mit dem deutschen Filmpreis ausgezeichnet wurde und der unter anderem bei der Berlinale 2024 den Preis als bester Film in der Sektion „Perspektive Deutsches Kino“ und den Friedenspreis der Heinrich-Böll-Stiftung erhielt. Die Produzentin des Films, Melanie Andernach, kommt aus Mülheim-Kärlich. Ihre Eltern waren bei der Veranstaltung zugegen. Die Regisseurin Steffi Niederzoll wurde zusätzlich mit dem SI STAR 2024 ausgezeichnet. Ein Preis, den der Mainzer Club der Soroptimisten 2016 ins Leben gerufen hat und der alle zwei Jahre eine weibliche Regiearbeit prämiert.
„Es ist schade, dass ein Film erst Preise braucht, damit die Welt hinsieht“, sagt Iranexperte Dr. Homayun Alam aus Frankfurt, im anschließenden Filmgespräch, moderiert von Beatrix Sieben vom ISSO-Institut, und bedankt sich für das Interesse am Thema. Als Sozial-, Rechts- und Religionswissenschaftler ordnete er die nach westlichen Anschauungen skandalöse und unverständliche Rechtsprechung ein, und erläuterte das Wertesystems des Irans und den Einfluss der Scharia.
Ein Abend, der bewegt. Zuschauerin Jutta Münch aus Lahnstein resümiert: „Ich bin absolut beeindruckt und sehr bewegt. Als Mutter ist es unvorstellbar, mit solch einem Schmerz zu leben. Ich wusste, dass es heute Abend hart werden würde, aber ich bin den Veranstaltenden und insbesondere der Initiative von Soroptimist International wirklich dankbar. Man sollte, man muss sich diesem Thema stellen. Nur so kann auf der Welt etwas bewirkt werden. Und mir ist einmal mehr klar geworden, wie zutiefst dankbar wir alle sein müssen, in Deutschland geboren worden zu sein."

Auch Shole selbst ist mit ihren beiden mittlerweile erwachsenen Töchtern wegen der drohenden Repressalien im Iran nach Berlin geflohen, während dem Vater die Ausstellung eines Passes zur Ausreise verweigert wird. Und sie gibt mit dem Buch „Wie man ein Schmetterling wird – Das kurze, mutige Leben meiner Tochter Reyhaneh Jabbari“ gemeinsam mit der Regisseurin einen tiefen Einblick in das Schicksal von Reyhaneh.