Fotos: Jürgen Grab
Neuwied (jüg) – Auf der Spitze des Dachreiters der Brüdergemeine-Kirche in Neuwied glänzen der Stern, die Wetterfahne und die Kugel mit dem nach Norden ausgerichteten Pfeil in goldenem Glanz. Diese Restaurationsarbeiten wurden nach einem verheerenden Hagelsturm notwendig, und nun erstrahlt alles wieder im vollen Glanz.
Im Internet ist ein ausführlicher Bericht über die Historie und Entwicklung der Evangelischen Brüdergemeine in Neuwied nachzulesen, der von besonderer Qualität und unbedingt lesenswert ist. Er beginnt mit den Worten: „Durch Tatkraft, seelsorgerlichem Einsatz und Ideenreichtum entstand aus dem zusammengewürfelten Haufen von Glaubensflüchtlingen die Herrnhuter Brüdergemeine als eine Lebens- und Dienstgemeinschaft, deren Wirkung sehr rasch in alle Welt ausstrahlte – und auch in Neuwied Fuß fasste.“

Der inzwischen verstorbene renommierte Neuwieder Architekt Klaus Richter hat in seinem Buch „Neuwied am Rhein, gegründet 1653“ eine informative Abhandlung über „Die Herrnhuter, die sich in Neuwied ansiedelten“ geschrieben. Diese Glaubensgemeinschaft, die seit den 50er Jahren des 17. Jahrhunderts das Leben in Neuwied mitgestaltet und geprägt hat, erhielt 1754 die Erlaubnis ihres Bischofs Nikolaus Graf von Zinzendorf, sich in Neuwied niederzulassen. Dies war vom damaligen Stadtherrn Graf von Isenburg-Büdingen bereits erlaubt worden. Zu den Neuankömmlingen gehörte auch der später weltbekannte Möbeltischler Abraham Roentgen mit seiner Familie. Die  meist gleichförmigen Häuser im Bereich der heutigen Pfarrstraße trugen zur städtebaulichen Entwicklung von Neuwied bei, wobei auch einige architektonisch besonders attraktive Wohnhäuser dazu gehörten.

Brüdergemeine Kirchsaal und weitere Gebäude um 1845

Der große Versammlungsraum, das „Gotteshaus“, spielte immer und spielt heute noch eine wichtige Rolle im Leben der  Gemeinde. Mit seinem weißen Innenverputz und den weißen Bänken steht es bis heute der Gemeinde zur Verfügung, wobei dort inzwischen auch etliche Konzerte dort stattfinden.
Trotz ihrer relativ geringen Mitgliederzahl in Europa, hat die Brüdergemeine weltweit inzwischen 1.251.000 Mitglieder. Zur Neuwieder Gemeinde gehören etwa 350 Gläubige.
Derzeit freut sich die heimische Brüdergemeine über die baldige Fertigstellung der Reparaturen am Dach des Kirchleins. Besonders der Dachreiter mit dem goldenen Stern, der Wetterfahne, der Kugel und dem Pfeil sowie die Zifferblätter der Turmuhr strahlen wieder im goldenen Glanz der Sonne. Dies verleiht dem Brüdergemeine-Viertel, einschließlich der Senioren-/Pflegeeinrichtungen in der Friedrichstraße und den Wohn- und Geschäftsgebäuden in der Langendorfer Straße und Pfarrstraße, einen unverkennbaren Glanz.

Pfarrer Christoph Huss, der gemeinsam mit seiner Ehefrau, Pfarrerin Annerose Klingner-Huss, die geistliche Leitung der Brüdergemeine innehat, schreibt im „Gemeindegruß“: „Für die gesamte Vergoldung der Insignien wurden circa 1000 Blatt Gold verwendet. Von reinem Gold, hauchdünn gehämmert, waren die Menschen schon immer fasziniert, da dieses weder rostet noch oxidiert. Farbgrundierungen schützen die Insignien, und die reparierten Metallkörper faszinieren die Betrachter. Unter dem Gold verbirgt sich solide Handwerksarbeit.“
Pfarrer Huss erklärt weiter: „Die Herrnhuter waren immer zurückhaltend mit äußerem Schmuck bei ihren Gebäuden. Das schlichte Weiß auf Wänden und Bänken im Kirchensaal reicht aus, um das Licht zu spiegeln – eigentlicher Schmuck des Raumes ist die versammelte Gemeinde. Doch findet sich hier und da ein Fleckchen Goldglanz, wie bei den Kronleuchtern und auf der Turmspitze.“ Er verweist auf die biblischen Sprüche: „Wertvoller als Gold ist die Weisheit. Glaube ist kostbarer als das, was auf dem Kirchturm zu sehen ist.“ Pfarrer Huss betont, dass die wenigen goldenen Elemente in der schlichten Herrnhuter Ästhetik kleine Zeichen des herrlichen Lebens sind, das in Gottes ewigem Reich wartet.
Die Gemeinde hat derzeit etwa 350 Mitglieder und wird regelmäßig durch den „Gemeindegruß“ und persönliche Gespräche auf dem Laufenden gehalten. „Wir können die wenigen goldenen Elemente in der eher schlichten Herrnhuter Ästhetik als kleine Zeichen des herrlichen Lebens sehen, das in Gottes ewigem Reich auf uns wartet“, betont Pfarrer Christoph Huss in seinem Text „Kostbar wie Gold“.