Domkapitular Benedikt Welter sprach anlässlich der Feier zum Josefstag vor rund 120 Gästen im Heinrich-Haus.
Eindrucksvoll und inspirierend: Domkapitular Benedikt Welter fand anlässlich der Feier des Josefstags im Heinrich-Haus Neuwied motivierende Worte. In seiner Rede ermutigte er mehr als 120 Menschen aus verschiedenen Einrichtungen der Eingliederungshilfe, aus Politik, Wirtschaft und Institutionen, für Menschlichkeit und Zusammenhalt einzustehen. Als gebürtiger Engerser – aufgewachsen in den Neuwieder Stadtteilen Heimbach-Weis und Gladbach – richtete er unter dem Titel „Christliche Werte in einem modernen, am Markt ausgerichteten Sozialunternehmen“ einen eindringlichen Appell an die Gäste auf dem Platz vor dem Speehaus.

Foto: Julia Steffenfauseweh

Nach einem geistlichen Impuls von Seelsorgerin Mechtilde Neuendorff, die auf die Würde des einzelnen Menschen einging, leitete Heinrich-Haus-Geschäftsführer Thomas Linden in das Thema ein: „Gerade das Spannungsfeld zwischen ökonomischem Zwang, der Notwendigkeit, ein moderner Arbeitgeber und Dienstleister zu sein und auf der anderen Seite unserer christlichen Orientierung mit christlichen Werten scheint auf den ersten Blick nahezu unüberwindbar“, so Linden. Nach dem Dafürhalten des Heinrich-Hauses ist dies allerdings kein Widerspruch. „Modernes Management braucht Werte. Wie gut, dass wir bereits Werte haben. Werte wie Nächstenliebe, Hoffnung, Barmherzigkeit. Und daraus abgeleitete Werte wie Bescheidenheit, Gelassenheit, Verantwortungsbewusstsein, Wahrhaftigkeit oder persönliche Zuwendung. All diese Werte stellen den Menschen in den Mittelpunkt des Handelns und des Umgangs“, verdeutlichte Linden die Grundlagen der Arbeit im Heinrich-Haus.
Wie christliche Werte in Einklang mit unternehmerischem Handeln in Einklang zu bringen sind, betrachtete anschließend Domkapitular Benedikt Welter in seiner Rede. Während er zunächst auf den Kern des Glaubens – die Würde des Einzelnen – einging, erläuterte er gleichzeitig die aus seiner Sicht essenzielle Einbeziehung von Werten wie Nächstenliebe und Zusammenhalt in die Führung eines Sozialunternehmens. „Wenn wir uns an unsere Entstehungsgeschichte der Caritas erinnern, dann sind wir zukunftstauglich“, so Welter. Der Caritasverband –  1897 mitten in der Welle der industriellen Revolution ins Leben gerufen – habe stets nach der Devise gehandelt: „Jeder, der Hilfe bedarf, ist jemand, für den wir uns zuständig fühlen. Und das braucht Organisation. Denn es geht nicht darum, Almosen zu geben, sondern Strukturen zu schaffen, die den Menschen in ihrer jeweiligen Situation helfen und sie bestenfalls aus ihrer Notsituation heraushelfen.“ In einer säkularen Welt sei dies zentrales Anliegen eines christlichen Sozialunternehmens. Die aktuelle von Unsicherheiten geprägte Situation in Politik, Wirtschaft und Empfinden der Menschen sei dabei eine Chance: „Caritas kann Krise – für Caritas ist Krise der Normalmodus. Und wenn wir in unsere Gegenwart schauen, spüren wir, dass mit Ende der Pandemie und einem noch nicht absehbaren Ende der kriegerischen Auseinandersetzungen in der Ukraine kein Ende beschrieben werden wird. Wir bleiben im Ausnahmezustand.“ Aufgabe von Führungspersönlichkeiten in diesen unsicheren Zeiten sei es, sich auf die eigenen Kräfte und Grenzen zu besinnen und andere im Unternehmen – Mitarbeitende und so genannte Leistungsnehmerinnen und Leistungsnehmer – zu tragen. „Das lässt uns Unternehmen sein, die sich in der Sozialwirtschaft von anderen unterscheiden“, sagte Welter abschließend. „Denn am Ende und am Anfang steht der Mensch im Mittelpunkt.“
Eindrucksvolle Worte, die auch im Anschluss noch lange diskutiert wurden. Und auch wenn dieses Jahr bei der Feier zum Josefstag etwas kühlere Temperaturen als in den Vorjahren herrschten, blieben viele Gäste noch lange auf dem Platz vor dem Speehaus am Rhein, um miteinander ins Gespräch zu kommen.