Planung der Haushaltsansätze 2026 für die Jugendhilfe im Landkreis Neuwied war Thema im Jugendhilfeausschuss

Kreis Neuwied. Auf seiner letzten Sitzung im Jahr 2025 hat sich der Jugendhilfeausschuss für den Kreisjugendamtsbezirk Neuwied unter anderem mit der Planung der Haushaltsansätze 2026 für die Jugendhilfe im Landkreis Neuwied beschäftigt. Demnach wird im Jahr 2026 allein für den Landkreis Neuwied ohne das Stadtgebiet ein Nettoaufwand von 51,3 Millionen Euro veranschlagt. Hinzu kommen noch die Beteiligung des Landkreises an den Kosten des Stadtjugendamtes, die nochmals mit 23 Millionen Euro zu Buche schlagen werden.
 

„Mittlerweile stellen 56 Prozent des gesamten Jugendhilfeaufwandes die Beteiligung des Landkreises an den Personalkosten der Kindertagesstätten dar. Diese Kostenposition ist auch weiter mit erheblichen Unwägbarkeiten verbunden und geht für den Landkreis mit einer wachsenden finanziellen Belastung einher“, musste Landrat Achim Hallerbach feststellen. Für das Kreisjugendamt Neuwied ging Jürgen Ulrich im Rahmen der Erläuterung der Haushaltsansätze noch einmal auf verschiedene Aspekte ein, die von Seiten des Kreises kritisch gesehen werden:
„Mit dem neuen Kindertagesstättengesetz, das 2021 in Kraft getreten ist, hat der Landesgesetzgeber die Festlegung von eigenen Anteilen der Träger von Kindertagesstätten an den Personalkosten einer Kindertagesstätte ausgeklammert und auf die Möglichkeit von Vereinbarungen vor Ort hingewirkt“, erklärte der langjährige Leiter des Kreisjugendamtes. Abgeschlossen wurde mittlerweile eine Übergangsregelung, die faktisch dazu führt, dass 99 Prozent der Personalkosten einer Kindertagesstätte in freier, kirchlicher Trägerschaft aus Mitteln des Landes bzw. des Landkreises Neuwied finanziert werden. Hinzu kommt noch eine Beteiligung an den Sachkosten im Umfang von 3,5 Prozent der Personalkosten. Für die nicht-kirchlichen Träger ist eine Regelung nach wie vor offen.

Da die Beteiligung des Landes fix ist, muss der Mehraufwand ausschließlich durch die Kommunen getragen werden, was den Kreishaushalt im Vergleich zur Zeit vor dem Inkrafttreten des neuen Kindertagesstättengesetzes nach Berechnung des Kreisjugendamtes mit etwa drei Millionen Euro zusätzlich belastet.
Ebenfalls mit dem Kindertagesstättengesetz wurde eine sogenannte Stichtagsregelung eingeführt. Danach werden die über die Landesbeteiligung an den Personalkosten der Kindertagesstätten vorgesehenen Mittel gekürzt, wenn an einem Stichtag im Mai des Jahres eine bestimmte Belegungsquote von Kindern unter zwei Jahren unterschritten wird. 
Wie von Seiten Kreisjugendamtes dargestellt wurde, sieht sich der Kreis bei der Planung des Angebotes in vollem Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben, da im Verlauf eines Kindergartenjahres in allen Kindertagesstätten eine Vollbelastung erreicht wird. 
Für das Jahr 2024 wurde nun erstmalig die Landeszuwendung um 200.000 Euro gekürzt, weil die Quote bei den Kindern unter zwei Jahren nicht erreicht wurde. Wie Jürgen Ulrich darstellte, ist dies in der Realität auch kaum möglich, da es alleine schon ausreicht, dass Kinder unter zwei Jahren aufgrund ihres Geburtstages in eine höhere Altersgruppe wechseln, faktisch die Kitaplätze noch belegen, aber auf die Quote nicht mehr angerechnet werden. „Ein Instrument, das an der Familien- und Lebensrealität völlig vorbeigeht. Die Zeiten wo Kita-Planung auf Stichtagsregelungen aufgebaut wurden, sind lange vorbei, weil sie nicht den Bedürfnissen der Familie entsprechen,“ ist Landrat Achim Hallerbach sichtlich verärgert über diese Landesregelung.
Im Vergleich zu anderen Landkreisen stehe der Landkreis Neuwied dabei noch relativ gut da, weil in anderen Regionen in Rheinland-Pfalz Kürzungen mit zum Teil über eine Million Euro pro Jahr von den Kommunen zu verkraften seien. „Auf die Entwicklung der Personalkosten bei den Kindertagesstätten wirken sich hier wie auch in den anderen Arbeitsfeldern - vor allem bei den Hilfen zur Erziehung - auch die Tarifabschlüsse der vergangenen Jahre aus. Die finden ihren unmittelbaren Niederschlag in der Personalkostenentwicklung sowohl der Träger von Kindertagesstätten als auch von Jugendhilfeeinrichtungen“, erklärte Jürgen Ulrich. 
Daran gemessen kann der Landkreis Neuwied auch bei den Hilfen zur Ziehung der Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder mit einer moderaten Steigerung der Kosten von circa vier Prozent kalkulieren. Nach wie vor hat das Kreisjugendamt in hohem Umfang Hinweise auf Gefährdung von Kindern zu prüfen. Allein im Jahr 2024 musste 427 Hinweisen auf Gefährdung von Kindern nachgegangen werden.
Diese Fälle ziehen in der Regel einen unmittelbaren Hilfebedarf nach sich und wirken sich damit natürlich auf die Entwicklung insbesondere der Kosten von Inobhutnahmen, als auch der Kosten für Hilfen zur Erziehung aus. 
Kritisch beleuchtet wurde auch die seit Jahren sinkende Beteiligung des Landes Rheinland-Pfalz an den Kosten für die Hilfen zur Erziehung. Bis 2023 hat sich das Land Rheinland-Pfalz mit 25 Prozent an den Kosten der Hilfen zur Erziehung beteiligt, die Beteiligung dann zunächst gekürzt und die zur Verfügung gestellten Mittel auf einen Festbetrag begrenzt, der unter den Jugendämtern in Rheinland-Pfalz aufgeteilt wird. Aufgrund der erheblichen Kostenentwicklung in den zurückliegenden Jahren beträgt die der Deckungsgrad der Beteiligung des Landes mittlerweile nur noch gut 6 Prozent des Aufwandes, der dem Kreisjugendamt entsteht. Auch hier würden die Kreise alleine gelassen, das Land entziehe sich mit Festbeträge aus der gemeinsamen Verantwortung.
„Der Jugendhilfeaufwand wird unter anderem aufgrund des steigenden Anteils an der Finanzierung von Kindertagesstätten, aber auch der Übernahme aller Maßnahmen für behinderte Kinder in die Zuständigkeit der Jugendhilfe weiter deutlich wachsen“, sieht Landrat Achim Hallerbach die weiteren Aussichten kritisch. In diesem Zusammenhang erneuerte der Kreis-Chef seine Forderung nach einer besseren finanziellen Ausstattung der Kommunen.