Wissenschaft, Politik und Gesellschaft waren beim Forum im Kemperhof im Dialog
KOBLENZ. (Fotos: GK-Mittelrhein/Jutta Münch) - Kann man HIV heilen? Das war eine von vielen Fragen beim 29. Koblenzer Aids-Covid-Hepatitis-Forum im Kemperhof. „Grundsätzlich nein“, gab Privat-Dozent Dr. med. Björn Jensen, Infektiologe und Oberarzt an der Universitätsklinik Düsseldorf, als Antwort. Problematisch seien das unglaublich stabile HIV-Reservoir im Körper und die hohen Risiken einer Stammzelltransplantation. „Aber man kann sehr gut damit leben“, so der Mediziner, der zu dem Team gehört, das es geschafft hat, trotzdem einen Patienten zu heilen. Davon gibt es zehn auf der ganzen Welt – also absolute Ausnahmefälle. Einer davon ist Marc Franke. Er war live zum Symposium geschaltet und berichtete vom Riesenglück, eine Knochenmarkspenderin und das passende Ärzteteam gefunden zu haben. Seine Geschichte ist beeindruckend. „Die lange Zeit im Krankenhaus war unbeschreiblich schwierig, aber ich schaue immer nach vorne, bin ein positiver Mensch und jetzt sehr glücklich!“
Das Forum im Kemperhof bot einen spannenden und hochaktuellen Einblick in die Herausforderungen und Perspektiven der Infektiologie im Jahr 2025. Unter der Schirmherrschaft von Wissenschaftsminister Clemens Hoch und Oberbürgermeister David Langner diskutierten Experten des Gemeinschaftsklinikums Mittelrhein und deutschlandweit angesehene Referenten neueste Forschungsergebnisse zu folgenden Themen:
Beim Aids-Covid-Hepatitis-Forum im Kemperhof erzählte Marc Franke online zugeschaltet seine eindrucksvolle Geschichte. Er ist einer von nur zehn Menschen weltweit, die von HIV geheilt wurden.
Covid-19 und Long Covid: Der Chefarzt der Klinik für Innere Medizin – Nephrologie, Infektiologie am Kemperhof, Dr. med. Ansgar Rieke fasste aktuelle Erkenntnisse zu Therapieoptionen zusammen und betonte, wie essenziell langfristige Nachsorgekonzepte für Post-Covid-Betroffene bleiben. Im Anschluss erläuterte Dr. med. Astrid Weber, Fachärztin aus Koblenz und Leiterin des ambulanten Coronakompetenzzentrums, therapeutische Konzepte bei Post-Infektionssyndromen.
Virale Hepatitis: Prof. Dr. med. Kilian Weigand, Chefarzt der Klinik für Gastroenterologie, Gastroenterologische Tumortherapie und Diabetologie im Kemperhof, erklärte, dass es wirksame Therapien gegen chronische Virushepatitis gibt, die WHO-Ziele zur Eliminierung aber trotzdem nicht erreicht werden. Hauptprobleme sind mangelnde Umsetzung und zu komplizierte Zugänge. Nötig sind einfachere und niederschwellige Angebote für Diagnose und Behandlung, besonders für Risikogruppen.
HIV und Geburtshilfe: Die Infektiologin Dr. med. Annette Haberl von der Universitätsklinik Frankfurt informierte, dass neue Leitlinien für Schwangere mit HIV ein beinahe Nullrisiko für Mutter-Kind-Übertragungen und damit gesunde Geburten ermöglichen – ein großer Fortschritt für Familienplanung und Lebensqualität.
Impfschutz und Gesellschaft: Prof. Dr. med. Christof Schenkel-Häger, Facharzt für Innere Medizin und Leiter der Abteilung für Hygiene & Infektionsprävention im Marienhaus Klinikum Bendorf-Neuwied-Waldbreitbach, hob die Wichtigkeit von Impfvorsorge nicht nur bei Immunsupprimierten hervor und informierte über Empfehlungen für Erwachsene jeder Altersgruppe.
Die abschließende Podiumsdiskussion drehte sich um politische Handlungsfelder und Lehren aus der Pandemie. „Die Infektiologie verbessert nachweislich die Überlebenschancen und die Qualität der Behandlung. Gerade bei komplexen Krankheitsverläufen entscheidet diese Expertise darüber, ob Komplikationen vermieden werden können und Patienten schneller genesen“, erläuterte Dr. Rieke. Aus Sicht der Krankenhausleitung betonte Alexandra Kiauk, Geschäftsführerin des GK-Mittelrhein: „Zentrale Infektiologie-Stewardship-Module in der Fach-Weiterbildung innerhalb bestehender Klinikstrukturen können Flexibilität bieten, sind aber nicht ausreichend finanziert. Die Leistungsgruppe Infektiologie entlastet andere Fachrichtungen, schafft planbare Budgets und sichert, dass die staatlichen Investitionen in Weiterbildung und Facharzttitel dauerhaft wirksam werden. Sie ist damit ein zentraler Baustein für eine zukunftssichere Krankenhausversorgung.“
Das jährlich stattfindende Forum wird in Zusammenarbeit mit dem GK-Mittelrhein und der Landeszentrale für Gesundheitsförderung in Rheinland-Pfalz veranstaltet. In diesem Jahr waren mehr als 160 Teilnehmende vor Ort im Kemperhof und online dabei – ein Rekordergebnis!
Experten diskutierten beim Aids-Covid-Hepatitis-Forum im Kemperhof, von links: Dr. med. Ansgar Rieke, Chefarzt der Infektiologie, Alexandra Kiauk, Geschäftsführerin des GK-Mittelrhein, Prof. Dr. med. Maria Vehreschild, Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie, Privat-Dozent Dr. med. Björn Jensen, Infektiologe und Oberarzt an der Universitätsklinik Düsseldorf sowie die Moderatorin Katrin Wolf.
Fotos: GK-Mittelrhein/Jutta Münch