Foto: Leo Schumacher - Große Bühne im Stadttheater Neuwied. Das Jugendensemble der Landesbühne Rheinland-Pfalz zeigte, auch in diesem Jahr wieder gemeinsam mit Profischauspielern, „Corpus Delicti“ nach dem gleichnamigen Roman von Juli Zeh unter der künstlerischen Leitung und Regie von Sabine Parker. Auch das Neuwieder Bündnis für Demokratie und Toleranz hatte eingeladen.
Die Geschichte von Corpus Delicti ist eine Fiktion mit einem verstörenden Blick in unsere nähere Zukunft. Im Zentrum der Handlung steht die Gesundheit als Staatsmaxime und als Prinzip staatlicher Legimitation. Schnell wird für die Zuschauer deutlich, dass die „Methode“ staatlich verordneter Gesunderhaltung nichts anderes ist als ein repressives System totaler Kontrolle, dass keinen Widerspruch duldet.

 

 Foto: Leo Schumacher

Wer nicht mitmacht steht im Fokus der Strafverfolgung. Verfehlungsgründe wirken dabei willkürlich, Justiz ideologisch gelenkt. Das Spannungsfeld zwischen staatlicher Doktrin, verkörpert durch die Figur des Journalisten Heinrich Kramer, dargestellt von Nikolas Knauf und dem individuellen Aufbegehren gegen den Zwang zur Konformität durch Biologin Mia Holl, dargestellt von Louisa Laux, machte die die individuellen und gesellschaftlichen Auseinandersetzungen in einer immer totalitärer werdenden Welt mit eindrucksvollen Bildern deutlich. Parallele Erinnerungen aus faschistischer Vergangenheit und Gegenwart drängten sich auf, denn die Gefahr sich wiederholender repressiver, autokratische Entwicklungen ist allgegenwärtig. Dass Sabine Parker, hier in ihrer Funktion als Regisseurin und Theaterpädagogin, Corpus Delicti für die Jugendtheaterwoche am Schlosstheater ausgewählt und inszeniert hat, ist nicht zufällig. Ihre Botschaft ist klar. Persönlichkeit, Individualität, Eigenverantwortung, Selbstbewusstsein und Kritikfähigkeit bis hin zum Widerstand sind der Gegenentwurf zu den Methoden faschistischer Verführung. Bei den jugendlichen Zuschauerinnen und Zuschauern der weiterführenden Schulen ist diese Botschaft angekommen. Die jungen Leute waren gefesselt von den Bildern der Handlung und dem Zusammenspiel professioneller Schauspieler mit einem Jungen Ensemble, das bis auf wenige Ausnahmen aus Neuwied stammt. Nach den Vorstellungen blieben Gruppen im Gespräch spontan zusammen. Corpus Delicti, nicht nur spannendes Theater, sondern politische Bildung gerade für junge Menschen und ein Beitrag zur Auseinandersetzung mit den Gewöhnungseffekten und Gefährdungen extremistischer Entwicklungen in unserer Gesellschaft und in der Welt. 

Pressebericht Sabine Parker